Kein Ausnahmemensch
von Andrea Mielke
Leben nach Dienstplan.
Lieben nach Dienstplan.
Leiden nach Dienstplan.
Tag, Woche, Monat, die Jahre vergehen.
"Mein Gott", sagen die andern "das wird nimmer mehr".
Ich bin kein Ausnahmemensch!
Ich trage weder Schein, schon gar nicht den Heiligen, bin nicht die Strafe, das Opfer.
Ich fühle, ich atme, ich schreie,
wenn auch still und tonlos in mir.
Ich liebe, ich weine, ich lache,
wenn auch viel zu selten bei dir.
Ich kämpfe, ich tue, ich verstehe,
kann dennoch das Entsetzen in deinen Augen nicht mehr sehen.
Ich bin kein Ausnahmemensch!
Kein Yogi, kein Jeti, kein Marsmensch und grün,
sondern Mensch in einem Ausnahme-Leben,
speziell, bunt und dichter.
Anders wie du, das bin ich nicht!
Für viele ein Leben der Qual und der Schmerzen.
Für die meisten unvorstellbar und fremd.
"Ich könnt das nicht schaffen", sagt man zu mir.
Was tun? Frage ich dich!
Verzweifeln, sich töten, verstummen oder Gott verklagen?
Ein jedes Schicksal ist es wert und berechtigt zu sein.
Es gibt nur das eine, ganz große JA zum Leben.
Ein anderes Leben, das gibt es nicht!
Versuchen. Verstehen. Verändern. Vertrauen.
Verwandeln das Unglück ins Glück.
Das Beste draus machen, erreichen, genießen und leben.
Das Beste für mich in Würde und Tat.
Den Schmerz werd ich tragen.
Es wagen zu träumen.
Die Hilfe mir holen, was immer ich tu.
Verstört stehst du vor mir und kannst es nicht glauben,
doch du siehst mir beim Leben zu.
Die Flucht wär das Leichte.
Zu gehen, die letzte Option.
Der Weg ist steinig, löchrig und einsam.
Die Kraft oft zu wenig.
Die Grenzen so nah.
Ich bleibe und hoffe
und manchmal bet ich dazu.
Dass niemals die Wünsche verschwinden,
die Lust des Lebens vertrocknet,
die Neugier verebbt im Schwert über mir.
Solange ich liebe,
den Sturm, die Verwandlung, die Sonne, das Meer,
die Farben, das Streicheln der Haut.
Solange ein Hauch von kostbaren Stunden gegeben.
Solange ich kann, die Quellen zu füllen,
den Lauf zu gestalten,
nicht alles zu schlucken und fügig zu sein.
Solang werd ich mutig dem Schicksal stets trotzen.
Da fühl ich und ahne,
da blüht was für mich.
Mein Dasein bereit mit allem zu nehmen,
die Träne im Auge,
der Stachel im Herz,
lächelnd mein Blick,
tief vertrauend auf mein Geschick.
Andrea Mielke
(an mein Assistenz-Team, Oktober 2008)
Andrea Mielke
Sozialarbeiterin, geboren 1964, spinale Muskelathrophie seit Geburt, ist Anwenderin und Expertin in persönlicher Assistenz. Sie lebt seit 26 Jahren selbst bestimmt mit persönlicher Assistenz in Salzburg. Sie ist Initiatorin und Modell der Fotoausstellung, sowie Herausgeberin des gleichnamigen Fotokataloges
"Ein Hauch von Gefühl" - weiblich, behindert, sinnlich. Kontakt und Bestellung: andrea.mielke@aon.at
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