Vergeblich warteten haufenweise uniformierte und in Zivil gekleidete Polizisten in dem kleinen Dorf Areguà darauf, den Medizinmann José Fernandez wegen Mordes zu verhaften!
Das ganze Dorf war auf dem Marktplatz versammelt. Der Medizinmann, vor Ort kurz „Macumbero“ genannt, hatte sich angeboten, jemand umzubringen um ihn dann nach 3 Tagen wieder zum Leben zu erwecken.
Während meines nun einjährigen Aufenthaltes in Paraguay hatte man meine Nerven mittels makaberen Riten der Einheimischen ja schon einige Male auf die Probe gestellt, diese Aussage aber erschien mir nun doch schier unvorstellbar. Neugierig verfolgte ich das Schauspiel weiter. Ein Freiwilliger trat aus der Menge der Umstehenden. Mendez, ein Mittzwanziger, nur der Guaranie-Sprache mächtig stellte sich für jenes Experiment spontan zur Verfügung. Niemand gebot dem Macumbero Einhalt als er Mendez wenige Augenblicke später das Messer in den Hals stieß. Blut schoß aus der Wunde, die Augen Mendez` traten weit aus ihren Höhlen und mit einem gurgelnden Laut sank der junge Mann leblos in sich zusammen. Glaubte ich erst noch an einen inszenierten Hokuspokus, so erkannte ich nun sehr rasch den bitteren Ernst der Vorstellung. Der Macumbero hatte Mendez getötet, daran bestand kein Zweifel, zumal ihm niemand zu Hilfe kam würde er in wenigen Minuten verblutet sein. Ich konnte es nicht fassen. Ein Blick auf die Umstehenden verriet mir, daß niemand bereit war sich dem Opfer auch nur einen Schritt zu nähern oder Hilfe herbeizuholen.
Ein Sarg wurde herbeigeschafft und der Medizinmann „packte“ Mendez hinein um ihn gleich darauf am nahe gelegenen Friedhof zu vergraben. Das ganze Dorf und die Polizei schauten tatenlos zu. Man hatte einen Pakt geschlossen und dieser wurde eingehalten. Doch von nun an wich die Polizei dem Macumbero nicht mehr von den Fersen. Sollte Mendez, wie auch immer das im Bereich des Möglichen liegen konnte, nicht binnen 3 Tagen wieder unter den Lebenden weilen, würde man den Medizinmann wegen vorsätzlichen Mordes verhaften.
Am Grab des offenbar Hingerichteten wurde rund um die Uhr Wache gehalten. Auch den Macumbero observierte man die ganzen drei Tage lang. Diese Frist jedoch gestand man ihm zu, um das versprochene Wunder zu vollbringen.
Am Ende des dritten Tages nun, erwartete die Menge gespannt und atemlos die „Auferstehung“ Mendez`. Der Medizinmann ließ sich Zeit. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erschien er flankiert von mehreren Polizisten am Friedhof. In einen dunkelroten Umhang gehüllt begann er Unverständliches zu murmeln. Es sollten wohl Beschwörungsformeln sein, die er da von sich gab. Mit einem Mal schwoll seine Stimme an, um gleich darauf völlig zu versagen. Die Menge buhte. Jetzt endlich gab er den Befehl, den Sarg wieder aus der Erde zu heben.
Er verstand es die Sache spannend zu machen, denn einige Minuten noch verharrte er still mit geschlossenen Augen vor dem Sarg und schien sich auf die bevorstehende „Auferstehung“ vorzubereiten. Als er dann unvermittelt schwungvoll den Sargdeckel hob, war die allgemeine Verblüffung groß. Von Mendez, keine Spur, dafür beinhaltete der Sarg aber jede Menge Konserven. Die Leute begannen wild durcheinander zu schreien und die Polizisten stürzten sich entschlossen auf den Scharlatan.
Auf dem Höhepunkt des Tumults trat plötzlich Mendez aus der Menge. In weißes Gewand gekleidet, eine Bibel in Händen und auf seinen Schultern saßen Papageien. Er behauptete alle diese Dinge dem Medizinmann übergeben zu müssen. Er habe 3 Tage unter einem Baum in der Gesellschaft von Tieren verbracht, habe nichts gegessen oder getrunken. An mehr könne er sich nicht erinnern...
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