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Elfriede Herold

Wien, Michaeli ( 29. 1X. ) 1781


Mein liebes, herzliebstes Nannerl !


Daß ich Dir schon wieder schreibe, hat den Grund, Dir einiges Wichtiges in aller Eile mitzuteilen. Unser Vater hat von meinem Verhältnisse mit Konstanze Weber erfahren. Er mißbilligt die ganze Angelegenheit sehr und hat von mir verlangt, das Weber`sche Haus zu verlassen. Zum Glück traf ich vergangenen Montag Karl Mollek ( Du kennst ihn ), ein erfolgreicher Schriftsteller und Maler. Ich klagte ihm mein Leid und er wußte einen Ausweg. Seit heute wohne ich „ Auf dem Graben“ im 2. Stocke des Hauses Nr. 1.175, welches im Besitze der Frau Theresia Contrini ist. Es ist nicht weit zum „Grünwald`schen“ Haus in der verlängerten Wipplingerstraße. Du kannst Dich doch erinnern, dort hat uns im Oktober 1767, als wir da von einer Münchner Konzertreise kamen ( wir domilizierten ganze fünf Monate dort ) auch Joseph II. besucht. Dieser versteht sehr viel von Musik. Gott schütze unsern Kaiser !
Der Umzug hat mich schon sehr angestrengt, zumal ich ja für die schweren Möbel nur einen Helfer hatte.
Michael Puchberg liegt mit einem grippalen Infekt zu Bette. Und nun sitze ich auf einer Parkbank im sogenannten Kaisergarten ( Volksgarten ). Strahlender Sonnenschein – ich fühle mich vom Leben verwöhnt. Les`; bitte weiter – mein Herzblatt ! Ich greife in meine Tasche, angle nach meiner Zigarette und zünde sie mir an.
Ich genieße einen Zug nach dem anderen, blase den Rauch vor mir aus und schreibe ein Blatt voll mit Noten, studiere den Kontrapunkt. Es soll eine Oper werden . ich habe da ein orientalisches Stück im Kopfe, vielleicht mit einer „Entführung aus dem Sereil“. Der Himmel, das Vogelgezwitscher, die strahlende Sonne und die zarten, blauen Rauchschwaden, die wie Wölkchen vor mir aufsteigen – ich fühle mich wohl. Ich schreibe Note um Note.

Plötzlich werde ich auf den Boden zurückgeholt; eine Frau fordert mich schroff auf, die Zigarette sofort auszudämpfen, denn sogar in der „Neuen Welt“ ( Vereinigte Staaten ) sei man schon zur Vernunft gekommen.
Dort wisse man bereits, daß Rauchen eine Belästigung für die Mitmenschen sei, dort gäbe es ( oh Göttin Fortuna sei Dank!) schon ein Verbot, das Rauchen auf öffentlichen Plätzen untersagt. Ich versuche mit ihr zu reden, stelle die Frage, wodurch sich die Frau gestört fühlt.
Es sei eben nicht in Ordnung, höre ich und das Wort Ordnung fällt erneut, denn in unserer Stadt scheint man darauf keinen Wert zu legen, sonst gäbe es nicht Leute wie mich, die träumend und kritzelnd auf einer Parkbank sitzen und sich den kleinen Genuß einer Zigarette gönnen.-
Schimpfend entfernt sich die Frau. Ihr aufdringliches Parfum ist mir noch lange in der Nase und ihre unfreundlichen Worte bleiben noch eine Weile in meinem Ohr. Ich lasse meine Notenblätter auf der Bank liegen und beginne nachzudenken. Was hat diese alte Fuchtel eigentlich gestört ? War es wirklich der Rauch einer Zigarette oder lag es vielleicht daran, dass ein 25jähriger auf einer Parkbank saß, Notenblätter`bekritzele`und eine Zigarette zwischen den Fingern hielt ? Tut das ein normaler Mensch nicht ?Darf sich ein junger Mann, der fleißig arbeitet, diesen Genuß nicht gönnen ? Oder liegt es vielleicht gar nicht am Alter- ist schon das Wissen, einen Raucher in der Nähe zu haben, Anstoß erregend ?
Und da fällt mir ein, dass es massive Forderungen von Nichtrauchern gibt, an öffentlichen Plätzen und am Arbeitsplatz das Rauchen zu verbieten. Da bin ich heilfroh, dass ich freischaffender Musiker bin.-So ein Verbot soll, so diese Gruppierung, eine gesetzliche Grundlage erhalten. Ob der Kaiser das billigt ? Ich vergesse den blauen Himmel, die freundliche Sonne und beginne mich zu ärgern. Warum missgönnt mir diese Frau einen genüsslichen Zug aus einer Zigarette und drängt mir ihr ekelerregendes Parfum und den Anblich ihres unappetitlichen Busens auf und erklärt dabei, dass Zigaretten stinken ? Warum belästigt sie mich mit ihrem alkoholgetränkten Atem und behauptet, sie fühle sich durch mein Rauchen gestört ? Ich will meine Freiheit behalten und nicht geprügelt werden, weil ich eine Zigarette rauche sowie es in der „Neuen Welt“ schon vorgekommen ist, ich will nicht zu einer Randgruppe moderner Musiker gehören, nur weil ich auf den Genuß der Zigarette n i c h t verzichte. Wien ist eine schöne Stadt, eine freie Stadt und ich glaube, hier auch verständnisvolle Menschen getroffen zu haben, andere als in Salzburg.

Schließe nun mein kurzes Schreiben; laß mir Vater schön grüßen ! Hoffe, wir sehen uns bald wieder.
Tausend Schmätzle
Es umarmt Dich
Dein Dich liebender Bruder
Wolferl Amadee

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