Letztens ist es mir wieder passiert: Mir haben im Gespräch mit einer Bekannten zwar nicht die Worte, dafür aber umso mehr ein Bestimmtes gefehlt!
Begonnen hat es damit, dass ich nach einer kurze Zeit vorher beendeten Beziehung nicht alleine in das beginnende Wochenende hinein feiern, einsam in meinem Stammlokal in der Sitzgarnitur im Eck hängen, einen Cocktail namens "Betrunkener Matrose" schlürfen und einen auf "Ich bin gerne Single und habe kein Problem damit, auch alleine wegzugehen" machen wollte. So etwas endet bei mir nämlich im schlimmsten Fall der Fälle (wenngleich dies auch nicht oft passiert) verheerend, nämlich damit, dass ich an der Bar lehne, inmitten einiger von der Midlife-Crises geschüttelten Männer, und laut und falsch Lieder wie "Griechischer Wein" gröle, die amüsierten Blicke der anderen Gäste heldenhaft ignorierend. Fixer Bestandteil eines solchen Abends ist natürlich auch noch, dass sich jeder der bei mir vorbeigeht, mindestens einen zotigen Witz anhören muss (und ich kenne deren viele). Mein Auftritt endet dann meist gegen drei Uhr, wenn ich von der Belegschaft, gemeinsam mit einigen wenigen anderen Hartnäckigen, an die frische Luft gesetzt werde. Und das nicht etwa weil ich so unangenehm auffalle (oh nein, deswegen nicht), sondern weil schon längst Sperrstunde war.
An besagtem Wochenende verabredete ich mich also mit Martin, einem netten Kerl, der bis über beide Ohren in mich verliebt ist, mir jeden Wunsch von den Augen abliest und stets andächtig lauschend an meinen Lippen hängt (dabei allerdings nicht völlig kritiklos bleibt, denn das wäre ja, bei allen Vorteilen die eine solche Beziehung hat, dann doch ein wenig langweilig). Martin weiß, und das muss unbedingt erwähnt werden, dass seine Gefühle von mir nicht gleichermaßen erwidert werden, wobei ich es nie direkt ausgesprochen, fairerweise zumindest aber mehrmals angedeutet habe.
Als Martin und ich gerade über die Daseinsberechtigung einer Zecke und ihre Rolle in der Nahrungskette philosophierten, ich bereits den zweiten "Betrunkenen Matrosen" intus hatte und mein Begleiter an seinem Mineralwasser nippte (ER musste natürlich nüchtern bleiben um mich später noch mit dem Auto nach Hause bringen zu können), stürzte eine "liebe Bekannte" namens Inge auf mich zu und begrüßte mich überschwänglich. Nach einer kurzen Begrüßungsfloskel erhob sich Martin, schnappte sich die leeren Gläser und wanderte Richtung Bar um Nachschub für uns zu holen.
"Ist das dein Freund?", fragte Inge neugierig, während ein spöttisches Lächeln ihre viel zu stark geschminkten Lippen umspielte (An dieser Stelle sei angemerkt, dass Martin KEIN Bild von einem Mann ist. Wäre es so, hätte ich glatt "Ja" gesagt, nur um Inge neidisch zu machen.), wobei sich viele kleine ekelhafte Fältchen in ihr Gesicht gruben. Und ich, ich begann zu stottern, nicht aus Verlegenheit, nein, sondern weil ich das, was Martin für mich ist, nicht ohne "das Wort" verdeutlichen konnte. Somit startete ich meinen Erklärungsversuch, um Deutlichkeit in der Definition bemüht: "Ja, äh nein, also ja, aber nur EIN Freund, nicht MEIN Freund, also schon Freund, aber nicht auf die Art! Ich meine, ich schlafe nicht mit ihm oder so!" Dabei hätte ich das passende Wort ja parat gehabt, das ich schon viele Jahre für Männer wie Martin verwende, und hätte so gerne gesagt: "Das ist mein Eumel!".
Der Eumel, im Sprachgebrauch des deutschen Ruhrgebietes (in Österreich ist das Wort offensichtlich überhaupt nicht existent) eine dumme, aber recht liebenswürdige Person, ist für mich ein Mann, der die Dinge in Angriff nimmt, die aus Mangel an einem Partner nicht erledigt werden (und die ich schwaches Frauchen schon gar nicht tun kann), einfachere Alltagsprobleme beseitigt und einen niemals, wenn man Lust auf Gesellschaft hat, alleine lassen würde. Mit ihrem Eumel möchte Frau jedoch niemals eine Beziehung führen, ja nicht einmal Sex käme in Frage, und das sollte derjenige auch wissen (mehr oder weniger genau, ein bisschen Spielraum ist erlaubt und auch sinnvoll). Zur Unterscheidung: KEIN Eumel kann der gute Freund im klassischen Sinne sein, denn der würde ja nicht auf eine berauschende Nacht voller Leidenschaft spekulieren oder gar auf eine Beziehung hoffen und sich dafür ausnutzen lassen (außerdem ist das eine Sache des Respekts).
Aber wer nun glaubt, die Beziehung zu einem Eumel sei total einseitig, der irrt. Immerhin sehe zumindest ich es als meine Pflicht an, so paradox das klingt, das Selbstwertgefühl des betreffenden Mannes zu steigern, indem ich ihm zum Beispiel Tipps gebe, wie er bei Frauen besser ankommt (was mir seine nächste "echte" Partnerin danken wird), oder seine verborgenen Talente fördere (Ich betone an dieser Stelle noch einmal: erotische Lehrstunden stehen NICHT am Stundenplan.). Natürlich müssen die jeweiligen Dosen der Hilfestellung gering sein und mit Bedacht eingesetzt werden, da der Knabe ja sonst Verdacht schöpfen könnte.
Doch zurück zu Inge. Sie nickte verständnisvoll und meinte dann mit mitleidiger Miene: "Na vielleicht wird das ja noch. Manche Männer haben einfach eine lange Leitung", offensichtlich davon ausgehend, dass ich an dem Mann ernsthaft interessiert sei. Oder aber sie wollte mir einfach nur eine verbale Ohrfeige verpassen, denn beste Freundinnen waren wir noch nie.
Und genau aus diesem Grund plädiere ich für die Integration des Wortes "Eumel" auch in den österreichischen Wortschatz, natürlich mit MEINER Definition: bei Bedarf abrufbarer, problemlösungsbegabter männlicher Begleiter einer Frau, der blind vor Liebe, schwer von Begriff und unbezahlbar ist. Da weiß einfach jeder sofort, worum es sich handelt. Sogar Inge würde es kapieren und dann vielleicht doch noch vor Neid platzen, weil ich einen Eumel habe und sie nicht.
Ich finde ja, jeder Frau steht ein solcher männlicher Begleiter zu, vor allem wenn sie Single ist. Aber auch neben einer Beziehung kann er durchaus nützlich sein (außer sein Schatz ist ein perfekter solcher, also quasi eine Art Weltwunder), wenn zum Beispiel der Mann kaum Zeit für seine Liebste oder zwei linke Hände hat. Voraussetzung dafür ist allerdings eine eifersuchtsfreie Partnerschaft, denn der Eumel ist nicht schwul, sondern eindeutig hetero, da er ja an der Dame, der er gehört, sexuell interessiert ist.
Doch eines, liebe Geschlechtsgenossinnen, sei bedacht: Die Beziehung zu einem Eumel hat ein Ablaufdatum. Denn irgendwann checkt der Dümmste, dass es keinen Sinn hat, noch länger auf mehr als einen betörenden Augenaufschlag und ein "Ich hab dich lieb" inklusive trockenes Bussi auf den Mund zu hoffen, auch wenn er bis zum Schluss das Gefühl haben wird, gebraucht zu werden, was ihm mit Sicherheit noch lange nach der Trennung von Ihnen ein schlechtes Gewissen verursachen wird.
Und das zu Recht, denn gebraucht wurde er ja tatsächlich! Doch keine Sorge, um die Ecke wartet schon der nächste Mann, den es abzurichten gilt, der unbedingt zum Eumel gemacht werden möchte - auch wenn er in dem Moment des ersten Aufeinandertreffens noch nichts davon weiß.
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