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Tantrische Körperarbeit und Sexualbegleitung
Berühren und berührbar Sein
Von Atma Pöschl

Ich habe das Gefühl zu ernten und zu wachsen: Dass ich diese Arbeit, die Thema meines Textes ist, machen kann, geht auf eine intensive Auseinandersetzung mit mir selbst und meiner persönlichen Geschichte zurück. So sagte der indische Mystiker Osho in den 1980er Jahren: „Der ganze Körper wird zum Instrument, und du kannst es fühlen, wie sich im Inneren des Körpers eine Harmonie bildet. Das wird nicht nur für den anderen heilend sein, sondern auch für dich.“

Als Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung biete ich im Rahmen Tantrischer Körperarbeit und Sexualbegleitung die Möglichkeit, neue Erfahrungen am Weg zu sich selbst zu machen. Die Nachfrage von Frauen und Männern, auch mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung, ist groß: Weil etwas in Vergessenheit geraten ist, das die normalste Sache der Welt sein sollte, Berühren und Berührbar Sein.

Körperarbeit

Tantrische Körperarbeit?! Kaum ein Job produziert so viele unterschiedliche Fantasien und Projektionen wie meiner. Deshalb nutze ich diesen Rahmen, um zunächst mein Angebot hinter dem Schlagwort „Tantrische Körperarbeit“ sichtbar zu machen. Das Wort ist fast beliebig, meine Arbeit nicht.

Mein Angebot richtet sich an Frauen und Männer auf der Suche nach tiefer Berührbarkeit, ihrem ganz eigenen sexuellen Ausdruck und Empfinden. Denn körperliche Nähe wie ich sie anbiete, kann von bloßer physischer Anwesenheit über stilles Umarmen und Halten bis zur sinnlichen Ganzkörper- und Intimmassage alles beinhalten. Berührt wird auf Wunsch der nackte oder auch bekleidete Körper ... Je nachdem, wie die oder der Empfangende sich am wohlsten/sichersten fühlt. Manchmal ist es sinnvoller kleine Schritte zu gehen, um einen Zugang zur eigenen Körperlichkeit zu bekommen - die Voraussetzung für ein erfülltes Sexualleben ist. So kann eine Hand- oder Fußmassage, sich gegenüber Sitzen oder auch nur der Gedanke an Berührung vorerst genügen. Nicht zuletzt zeige ich Paaren, wie sie sich gegenseitig berühren und massieren können.

Ziel der gemeinsamen Arbeit ist immer Gefühlsöffnung, volle Körperlebendigkeit und die Ausdehnung der sexuellen Energie in den ganzen Körper - nie kurze Triebabfuhr. Genauso wenig ist ein Orgasmus das Ziel, er mag Wegbegleiter sein, wie auch Angst, Trauer, Schmerz und die ganze bunte Gefühlspalette. Der Körper speichert sog. negative Erinnerungen - wird hart, taub und gefühllos - die bei Berührung an die Oberfläche steigen: Nähe, das wissen wir alle, kann auch unangenehme Gefühle triggern. Mit diesen Emotionen, die meist nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sind Liebende oft überfordert. Frauen und Männern, die Verantwortung dafür übernehmen wollen, ist meine Arbeit ein neutraler liebevoller Rahmen für ihre Körpererinnerungen und ihre Lust: „Ich wünsche mir ein uneingeschränkt lustvolles Sexleben mit meinem Partner, ohne jedes Mal davor so eine Art Druck zu verspüren (so auf die Art: o.k., jetzt wärs mal wieder an der Zeit!). Was ich sicher nicht erwarte ist eine sexuelle Befriedigung während ihrer Arbeit, sondern vielmehr, dass sie mir aufgrund der Berührungen helfen, wieder Spaß an der Sache zu finden.“ (Mara, 35 J., Hausfrau)

Meiner Meinung nach ist Berührung ein guter Weg, um traumatische Gewebe- und Gefühlserstarrung aufzulösen und verlorenes Empfinden wieder zu wecken: „Ich spüre jetzt endlich, was mich bremst, mein Herz ganz zu öffnen: Schmerz. Andererseits ahne ich, dass der Schmerz, der dann kommt gar kein Schmerz ist sondern Freude. Es gab einen Moment, wo Du mich im Becken berührt hast, das war so intensiv, dass erst Schmerz kam und dann sofort Freude. Letztendlich war es Lust und Freude und Glück.“ (Ralf, 50 J., Körpertherapeut) Ich berühre sexuell absichtslos und nicht mit der Haltung, befriedigen oder erregen zu wollen. Dadurch bieten meine Berührungen immer auch Raum für folgende Fragen: Wo ist denn meine Quelle der Lust? Spüre ich überhaupt etwas? Bin ich fähig, Gefühle wahrzunehmen? Wo in meinem Körper sind sie spürbar? Bin ich überhaupt fähig dranzubleiben, oder schweife ich dauernd in Gedanken und Fantasien ab? Bin ich im Kopf ganz woanders, während mein Körper berührt wird, und wie wirkt sich das auf meine Empfindungsfähigkeit aus?

Während die Sau rauslassen und unterdrücken zwei gleichermaßen unentspannte Seiten der Medaille unserer christlich geprägten Kultur ausmachen, ist ein natürlicher würdevoller Umgang mit Sexualität meine Stärke und ein Wesenszug Tantrischer Körperarbeit. Männern wie Frauen eröffnet diese noch recht neue Form der Berührung und Prozessbegleitung vielfältige Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Sexualität als Praxisfeld: Weil Sex immer wieder spannend zu erforschen ist und voll immenser Power! „Du hast so viel gegeben, wie ich offen war und hast mir das Öffnen erst möglich gemacht“, schreibt Linda, eine 22-jährige Studentin. „Ich werde diesen Geburtstag nie vergessen. Erinnerungen daran rufen mir noch heute ein Lächeln ins Bewusstsein und machen mir Lust auf Achtsamkeit und ein Hinspüren, wo soviel mehr ist, als ich bis jetzt gewahr war.“

Die Bandbreite der Motivation, Tantrische Körperarbeit zu konsumieren reicht vom Einfach-Genießen- Wollen über das Gefühl „da muss doch noch mehr sein“ bis zu medizinischen Diagnosen wie Adipositas, Magersucht und Borderline. Dabei kooperiere ich mit PsychotherapeutInnen, die meine Arbeit weiterempfehlen. Transsexuelle wie Nathalie begleite ich z.B. zur Operation und danach. Nathalies erste Worte am Telefon waren: „Ich konnte als Mann mit meinem Körper nichts anfangen. Seit ich jetzt Hormone nehme, habe ich einen weiblichen Körper aber immer noch keinen Bezug dazu.“ Und ihre Worte eröffneten mir das ganze vielfältige Potenzial Tantrischer Körperarbeit und meines klaren und entspannten Umgangs mit Sexualität: Obwohl Tantra und Heterosexualität (auf Grund des Konzepts einer „natürlichen“, naturgegebenen Anziehungskraft zwischen Männlich und Weiblich) zusammenzugehören scheinen, schätze ich unterschiedliche Formen der Sexualität als Geschenk an die Gemeinschaft, die eigene Wahrheit offen zu (er)leben.

Gleichzeitig weiß ich, dass Authentizität nicht durch Feilen an Äußerlichkeiten gefunden werden kann. Denn sie entsteht durch den Fokus nach Innen, auf das Zentrum, das unser tiefstes innerstes Wissen um das große Ganze beherbergt. Als gelebte Philosophie würdigt Tantra Sexualität als direkten Weg zu Gott und den Körper als Tempel der Seele. Und meine Arbeit ist ein Weg zu diesem Gleichgewicht zwischen Fühlen, Denken und Sein.

Sexualität als Seelen- und Herzensnahrung: Die Kraft zu empfangen und aus ganzem Herzen zu genießen

Unter Tantrischer Körperarbeit verstehe ich ausschließlich Körperarbeit und Massagen, die mit tantrischem Wissen und im tantrischen Geist durchgeführt werden: mit der Haltung, Sexualität als Seelen- und Herzensnahrung erfahrbar zu machen. Ralf, er hat Ehefrau, 4 Kinder und ist selbst Körpertherapeut, fragt: „Ist Ihr Herz offen? Nur dann kann auch ich mein Herz öffnen.“ Und ich erkläre ihm am Telefon den Unterschied meines Angebotes zur Prostitution: „Prostitution ist ein Produkt mit einem bestimmten Ende: Eine Frau spielt Ihnen Liebe vor, und Sie bezahlen für Ihren Orgasmus - vielleicht auch für die Illusion, geliebt zu werden, ein guter Liebhaber zu sein und für ihren Selbstwert. In jedem Fall steht der Körper der Frau dabei im Zentrum. Im Unterschied dazu steht bei meinem Angebot Ihr Körper im Zentrum und Ihre Fähigkeit sich tief berühren zu lassen. Ich berühre mit einem offenen Herz; und die Frauen und Männer, die zu mir kommen, wollen weder Produkt noch Illusion sondern sich auf einen Prozess - sich selbst - einlassen.“

Eine Woche nach unserem Telefonat reist Ralf für einen 6-Stunden-Termin aus Frankfurt an, der auch für mich zu einem Highlight im In-die-Tiefe-Gehen wird. Zwei Tage später bekomme ich folgendes Mail: „Die Arbeit mit dir war klasse, vielen Dank! Es ist in vielerlei Hinsicht für mich eine Herausforderung mit meinem Herzen und meiner Sexualität so zu arbeiten. Diese unglaublich schönen Berührungen von Dir auch zu nutzen, um mein Herz dabei zu öffnen und sie mit dem Herzen zu empfangen war eine klasse Erfahrung.“ Für viele Frauen und Männer ist es eine völlig neue Erfahrung, dass Lust aus der Tiefe und aus dem Herzen kommt - nicht aus dem Tun. Franz z.B. spürt, dass er nicht fähig ist, etwas zu bekommen ohne gleichzeitig auch zu geben. Während der Sitzung wird ihm bewusst, dass er im Grunde nimmt, wenn er mit dieser Haltung berührt. Und er spürt eine tiefe Angst vor seiner Sexualität und seiner Macht als Mann.

Es ist die Kraft zu empfangen, aus ganzem Herzen zu genießen und nichts zu tun, die Männern wie Frauen heute gleichermaßen fehlt. Weil wir dauernd um die Ohren gehauen bekommen, wie Lust auszusehen hat und was vermeintlich befreite Sexualität ist, halten wir uns an diese äußeren Bilder. Das beliebte Kinosujet beispielsweise, wo zwei sich die Kleider vom Leib reißen, übereinander herfallen und sich dann auf Mobiliar und Boden tummeln, steht für Leidenschaft und Begehren pur. In meinen Augen haben Männer und Frauen verlernt, ihre(n) Körper wahrhaftig zu spüren, sich voll Vertrauen in die eigene Kraft zu öffnen und miteinander zu fließen. Könnte es nicht auch so sein, dass Leidenschaft äußerlich still und ruhig daherkommt und sich innerlich einiges bewegt? Was heißt 3 überhaupt Lusthaben? Meine Massagen und Berührungen sind letztendlich Lehrstunden, in denen gelehrt und trainiert wird, die Verbindung von sexueller und Herzenergie achtsam und bewusst zu spüren und tief zu empfinden.

„Massage ist notwendig in der heutigen Welt, weil die Liebe nicht mehr vorhanden ist“, sagte Osho. „Früher war allein die Berührung Liebender genug. Eine Mutter berührte ihr Kind, spielte mit seinem Körper, und es war Massage. Der Ehemann spielte mit dem Körper seiner Frau, und das war Massage; es war genug, mehr als genug, es war tiefe Entspannung und Teil der Liebe. Aber das ist heute auf der Welt verloren gegangen. Allmählich haben wir vergessen, wo man berührt, wie man berührt und wie tief man berührt. Berührung ist eine der meistvergessenen Sprachen. Es ist uns fast peinlich geworden, jemanden zu berühren, weil das Wort Berührung durch so genannte religiöse Menschen verschmutzt worden ist. Sie gaben ihm einen sexuellen Anstrich. Das Wort ist sexuell geworden, und die Leute haben Angst bekommen. Jeder passt auf, dass er nicht ohne seine Erlaubnis berührt wird. Im Westen ist jetzt das andere Extrem eingetreten. Berührung und Massage sind sexuell geworden. Jetzt ist Massage oft nur ein Deckmantel für Sexualität, aber in Wirklichkeit ist weder Berührung noch Massage sexuell. Sie sind Ausdruck der Liebe. Wenn Liebe von ihrer Höhe herabstürzt, wird sie zu Sex, und dann wird sie hässlich ...“ Unterm Strich heißt das: Wir können das Leben, das unsere Körper jede Minute, jede Sekunde in Form unzähliger Farben, Töne, Gerüche und Berührungen durchfließt, kaum mehr spüren und suchen wie Besessene in Äußerlichkeiten und Sex Ablenkung und Erlösung von dieser Abstumpfung. Gleichzeitig kann Sexualität als wahrhaftige Berührung beim Wiederentdeckung der Ganzheit - tief empfundener Liebe zu uns selbst und anderen - auch ein Werkzeug sein.

„Ließe man all die Bilder, Vergleiche, Gebote und alles, was man je über Sex gehört hat, weg, blieben das ureigene sexuelle Empfinden und Erleben“, schreibt die Schweizer Körpersexualtherapeutin Marlise Santiago. „Und es könnte spannend sein, sich auf die Suche danach zu machen.“ Was üblicherweise unter sexueller Dienstleistung verstanden wird, nährt das Gefühl der Trennung. Was üblicherweise unter Beziehung verstanden wird, auch. Meine Arbeit bietet Möglichkeiten der Selbstbegegnung: Ich bin Spiegel, Projektionsfläche und Reisebegleiterin. Und Sexualität wird in diesem Rahmen zur Reise jenseits der Formen, normierten Bilder und der Vorstellung, jemand Bestimmtes zu sein.

Sexualbegleitung als exklusives Angebot für Menschen mit Behinderung

Natürlich bin i c h jedes Mal aufs Neue aufgefordert, mich leer zu machen von fixen Ideen und Erwartungen, wie eine Begegnung ablaufen soll. Besonders gerne arbeite ich deshalb mit sog. „geistig Behinderten“: Weil sie völlig aus dem Rahmen fallen. Und das gibt auch mir die Freiheit, mich außerhalb eines bestimmten Schemas zu bewegen. Nur der Moment gilt. Jede Berührung, jede Stimmungsschwankung, jeder Gedanke will/muss bemerkt werden. In diesem Sinne sind solche Begegnungen für mich oft ein wirklicheres Zusammensein als das, was wir normalerweise „Zusammensein“ nennen: Wo zwei Ideen von einander, Erwartungen an einander, Befürchtungen und Hoffnungen, zwei Geschichten zusammentreffen.

Frauen und Männern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung biete ich Sexualbegleitung an, auf Wunsch auch zuhause. Das kann bedeuten, dass ich Möglichkeiten zeige, sich selbst zu berühren oder individuell dabei unterstütze, die ganz eigene Sexualität zu leben. Die Initiative geht dabei von meinen KlientInnen aus: Sie formulieren, welche Art von körperlicher Nähe und Begegnung sie sich wünschen, und ich führe diese Wünsche - in meinem Rahmen – aus. Das bedeutet, dass Geschlechts- und Oralverkehr ausgeschlossen sind, ich Feedback gebe, wie Berührungen auf mich wirken und für mich Unstimmiges auch ablehnen kann – genauso wie mein Gegenüber. Mit liebevoller Präsenz und achtsamem Feedback hole ich Fantasien ins Hier und Jetzt und ermögliche Frauen und Männern zu spüren, was da ist: Nähe, Geborgenheit, sexuelle Lust, ein respekt- und würdevolles Miteinander und das Gefühl, als sexuelles Wesen ernst- und angenommen zu werden. Im Unterschied zur Körperarbeit ist gegenseitiges Berühren in diesem Rahmen auch möglich. Denn Sexualbegleitung ist für Frauen und Männer mit Handicap oft die e i n z i g e Möglichkeit, Sexualität zu erleben und ihren Körper zu spüren – hier liegt der Sinn dieses speziellen Angebots.

Ich wünsche mir, dass meine Sitzungen Anstöße sind, um freudiger, selbstbewusster, ausgeglichener und entspannter in der Welt zu stehen, und gleichzeitig zu mehr Selbstliebe anregen. Denn Abwerten und Ignorieren alles Körperlichen und Sexuellen kann von gespalten Sein über (Auto)Aggression bis zur Depression führen - das gilt auch für sog. „normale“ Menschen. „Eine Erziehung, die euch nicht lehrt, euren Körper zu lieben, euch nicht lehrt, mitfühlend zu eurem Körper zu sein, euch nicht lehrt, in seine Geheimnisse einzudringen, wird euch auch nicht lehren können, zu eurem eigenen Bewusstsein vorzudringen. Der Körper ist die Tür“, sagte Osho. „Und jede Erziehung, die den Zusammenhang zwischen eurem Körper und eurem Bewusstsein ignoriert, ist destruktiv. Dann kennt die Zerstörung keine Grenzen. Einzig das Aufblühen des Bewusstseins in eurem Inneren vermag euch den Anstoß geben, schöpferisch zu sein.“ Es ist die Fähigkeit, den eigenen Körper ganz individuell zu spüren und mit einem anderen kommunizieren zu lassen - zusammen mit tief empfundenen Gefühlen von Nähe, Offenheit und Intimität - die das Leben (und Sexualität als stärkste Lebenskraft) kreativ machen.

Anton ist 25 Jahre alt, wirkt feinfühlig und klar. Während er als Gärtner mit Pflanzen arbeitet, hat er Angst vor menschlicher Nähe, hatte noch nie eine Freundin und Sex. Da der Erstkontakt über seinen Vater hergestellt wurde, frage ich, ob er überhaupt eine Freundin will oder schwul ist. Auch wie er seine Sexualität lebt und ob er sich Pornos anschaut, will ich wissen: „Nein, da habe ich das Gefühl, es wird wem wehgetan.“ Ob er sich schon jemals verstanden gefühlt hat? „Nein ... auf seelischer Ebene nicht.“ Mir kommt das Gefühl, vor mir sitzt ein Indigo, dem das Label „lernschwach“ verpasst wurde: mit einem distanzierten Vater, der ihn nicht verstehen und einer distanzlosen Mutter, die seine Sachen durchwühlte und ihm keinen Raum für seine Einzigartigkeit lassen konnte. Antons Cousine verletzt sich selbst und hat Magersucht. Er selbst kompensiert die mangelnde Liebe und Intimität in seinem Leben mit Essen, ab und zu geht er ins Fitnessstudio. Das alles kläre ich im ersten Gespräch ab. Ich mache meine verschiedenen Angebote transparent und sage abschließend, dass ich meine A r b e i t liebe und zu ihm nie sagen werde „Ich liebe dich“, dass diese Klarheit Teil meiner Arbeit ist und ihm ermöglicht, sich selbst besser zu spüren und zu öffnen.

Viele sog. „Behinderte“ sind durch lieb- und distanzloses Hantieren mit ihrem Körper durch ÄrztInnen, BetreuerInnen oder die eigenen Eltern traumatisiert und können körperliche Nähe auch deshalb nicht genießen, obwohl sie sich danach sehnen: Weil ihnen Sexualität und Intimität einfach abgesprochen wurde/wird. „Die waren alle so kalt“, beschreibt Anton seine Erfahrung mit TherapeutInnen. In meinen Augen müsste es heißen: Du behinderst mich, nicht: Ich bin behindert. Menschen mit geistiger Behinderung bewohnen oft andere Ebenen der Wirklichkeit, und ihre besonderen/anderen Fähigkeiten zu „sehen“ wurden und werden in anderen Gemeinschaften auch geschätzt. Unsere Kultur hingegen wertet das Besondere ab, aus Verehrung wird Abwertung, aus Abwertung „Behinderung“. Mit meiner Arbeit begleite ich Frauen und Männer mit und ohne Handicap am Weg zu ihrer ganz eigenen Körperlichkeit und Sexualität zur Einheit von Körper, Geist und Seele.

Jan (40 J.) hat die Diagnose „Borderline“ und kommt auf Anraten seiner Therapeutin zu mir. Bevor wir beginnen, einigen wir uns auf „Stop“: Denn für ihn ist es wichtig, sich mit der Sicherheit berühren zu lassen, dass er jederzeit unterbrechen kann. Ich habe ihn kaum berührt, sagt er „Stop“, meine Hand liegt auf seinem Rücken ... Beiden Männern wurde von unserer Gesellschaft ein Label für ihr Anderssein und -spüren verpasst. Sie kommen in meine Praxis, um sich ihrer großen Angst vor körperlicher Nähe und ihrer Sexualität zu stellen - das braucht viel Mut und Offenheit. Und dafür bewundere ich sie.

Ich selbst habe meine erste Anfrage nach Sexualbegleitung vor Jahren abgelehnt, weil mir Sicherheit und Mut fehlten. Ein 200-Kilo-Mann wünschte sich einen Hausbesuch und Betreuung: Was wenn seine Wohnung völlig dreckig ist? war mein erster Gedanke. Wenn er ungewaschen ist? mein zweiter. Begebe ich mich in Gefahr, wenn ich in eine Privatwohnung fahre? rundete mein Hirntheater ab. Was meint er mit ... Betreuung? Und mit der Frage nach dem Honorar für diese Leistung, die ja zu einem großen Teil aus Anfahrt bestanden hätte, stieg ich ganz aus: zu viele Entscheidungen auf einmal. Heute ist mir klar, dass Sexualbegleitung anderes Standing braucht als Tantrische Körperarbeit und ich diese Arbeit auch nur machen kann aufgrund intensiver Auseinandersetzung mit mir selber und meiner eigenen Geschichte.

„Ich wünsche mir, dass sie mich gut befriedigen“, lautete meine zweite Anfrage. Welche „Betreuung“ biete ich denn nun an? Sexualbegleitung lässt Platz für das Unerwartete und höchst Persönliche; Programmiertes/Übernommenes, „geile Reize“, die im Kopf entstehen und z.B. von Pornofilmen genährt werden, befriedige ich nicht. Nicht zuletzt braucht es Offenheit und Mut, sich auf eine Reise zu sich selbst zu begeben.

„Jede dieser Masseurinnen bringt mir einen Teil meiner Wahrheit bei, vervollständigt mein inneres Bild und lässt mich wachsen“, schreibt Reinhard, Webmaster von WIeND.at – Online-Zeitung für Sexualität und Behinderung. Er ist querschnittgelähmt und hat Tantrische Körperarbeit und Sexualbegleitung für sich als Möglichkeiten entdeckt, seine individuelle Schönheit und sexuelle Identität zu spüren und zu stärken. „Sabine hat mich in diese Welt eingeweiht und mich dann an Maureen weitervermittelt, weil sie meinte, dass sie dem was ich suche mehr entspricht. Mit Andrea hatte ich eine sehr intensive Zeit, verliebte mich auch in sie, was in diesem Zusammenhang eine Grenzüberschreitung darstellte. Du hast mir geholfen, mein innerstes nach außen zu kehren, es auszusprechen und mich damit ansatzweise zu versöhnen. Mein nächster Termin ist wieder bei Maureen, weil sie mir eine so innige Verbundenheit vermittelt, ohne dass die Gefahr des verliebt Seins besteht. Damit hilft sie mir zu wachsen und mich zu festigen, um mich dann vielleicht wirklich mal einer fixen Partnerin gegenüber öffnen zu können.“ Wenige Klienten reflektieren das Potenzial meiner Arbeit so tief, und „in all diesen Gedanken gibt es natürlich wenig bis keine Unterschiede zu ‚gesunden’ Menschen, das weiß ich.“

Reinhard spricht die Möglichkeit des Verliebens (und indirekt das Alter der Masseurin) an, ein heikler Punkt. Im Rahmen meiner Arbeit im Massageinstitut Dakini in Zürich war das Alter der Masseurinnen immer wieder Thema. Meine Meinung dazu: Wie kann Alter einem Job ein Ende setzen, dessen Professionalität auf tiefer Erfahrung im zwischenmenschlichen und sexuellen Bereich ruht? Ich kann Frauen wie Männern nichts geben, was ich selbst nicht kenne, gespürt und erlebt habe. Den Vorteil des Alters noch ganz anders zu sehen, verdanke ich Reinhard: Weil so die Gefahr des Verliebens nicht besteht. Gleichzeitig weiß ich, dass manche Männer und Frauen - mit und ohne Handicap - auf der Suche nach einer Körperarbeiterin, Sexualbegleiterin oder Masseurin sind, die ihre eigenen Grenzen nicht kennt.

Professionelle Arbeit bei sehr großer Nähe

Der Deutsche Tantramassage Verband formuliert u.a. folgende ethische Richtlinien für Massagen, die auch für meine Körperarbeit und Sexualbegleitung gelten: „(1) Die Masseurin tritt dem Gast authentisch gegenüber und übernimmt keine Rollen, um ihm etwas vorzuspielen. (2) Sie verpflichtet sich einer sexuellen Ethik, die weder die Liebessehnsucht des Gastes ausnutzt noch ihre eigenen unerfüllten Bedürfnisse einbringt. (3) Sie öffnet damit den Raum, der es dem Gast ermöglicht, seine eigene Sinnlichkeit ... zu erfahren. (4) Im Verständnis dieser Absicht der Massage hält sie den Rahmen ... und wahrt im gegenseitigen Respekt die Grenzen.“

Als Körperarbeiterin manipuliere ich nicht. Ich lasse mich auch nicht manipulieren und übernehme keine Projektionen. Professionell (in Aus- und Fortbildungen immer wieder geübt) ist dabei meine Haltung: Gleichzeitig offen und ganz bei mir, nehme ich meine Gefühle, Energien und Grenzen sehr klar wahr. Auch und gerade deshalb ist es mir möglich, die Grenzen anderer zu achten. Ich kann Nähe von Distanzlosigkeit unterscheiden und Frauen und Männern dadurch neue Räume öffnen. Was dabei an Sexualität beim Gegenüber entsteht, gehört allein ihr oder ihm.

Natürlich bin auch ich ein sexuelles Wesen – und darin geschult, bei mir allfällig auftauchende sexuelle Gefühle wahrzunehmen, anzuerkennen, und dann weg zu legen, weil sie in meiner Rolle als Körperarbeiterin nicht gelebt werden. „Das ist vergleichbar mit Eltern“, schreibt Marlise Santiago. „Auch zur Elternrolle passt es nicht, dass allfällig sexuelle Regungen mit den Kindern geteilt oder gelebt werden.“ Mit dieser Haltung muss ich meine eigene Sexualität weder abspalten noch Gefühle vorspielen, die ich nicht habe. Ich kann einfach da sein. „Da sein“ heißt für mich mit dem zu sein, was an Regungen und Gefühlen beim Empfangenden da ist: Es bedeutet, ohne Erwartungen und Ziel zu berühren, weder vorrangig Muskeln lockern noch einen Orgasmus produzieren zu wollen. Denn tiefe Berührung entsteht durch Präsenz und Akzeptanz. Sie wird möglich durch Herzöffnung für das was ist - auf Seiten der Empfangenden u n d der Gebenden.

Ein Bekannter von mir, er massiert vorwiegend Männer, schreibt auf seiner HP: „Warum gebe ich Massagen? Die Antwort ist ganz einfach. Es ist die Liebe zu den Menschen.“ Zu mir sagt er: „Ich bin süchtig nach Berührung. Ich habe als Kind sicher zuwenig Berührungen bekommen.“ Er massiert seit 9 Jahren 50 Stunden die Woche. Auf meine völlig entgeisterte Frage, wie es bei ihm mit Nehmen und Empfangen-Können aussieht, sagt er: „Ich werde beim Massieren berührt.“ Ich kann durch meine Erfahrung verstehen, wie er empfindet, und möchte hier deshalb gern noch eine weitere Ebene hinzufügen: Wenn ich über private Berührung (in einem Kontext gegenseitiger Verpflichtung und Hingabe, in dem Nähe mit ständig wechselnden Jas, Neins und Vielleichts von zwei Menschen verhandelt und kommuniziert wird) reflektiere, sehe ich manchmal die Gefahr einer Vermischung von beruflichem und privatem Bereich. Daher ist für mich auch die Supervision von Körperarbeit und Sexualbegleitung so wichtig.

Meine Arbeit braucht Supervision durch eine erfahrene Körpersexualtherapeutin, die Fähigkeit, selbst Berührungen im privaten Kontext zu empfangen, Massageaustausch mit anderen MasseurInnen, Respekt für die Wünsche der Frauen und Männer, die mich anrufen und Klarheit in der Kommunikation meines Angebotes, physische und energetische Klarheit, Vertrauen in mich und meine KlientInnen und in das, was passiert, Mitgefühl und die Fähigkeit, Menschen mit ganz unterschiedlichen Körpern und Energien zu begleiten. Nicht zuletzt braucht es Selbstreflexion: Ich gehe davon aus, dass ich diese verantwortungsvolle Arbeit nur machen kann, wenn ich mich reflektiert habe und immer wieder bereit bin, es zu tun.

Tantrische Körperarbeit und Sexualbegleitung sind meine Berufung, die häufige Reflexion der Motivation, die mich in meinem Job leitet, Teil meiner Professionalität. Meine Arbeit ist mir Werkzeug und Weg zu tief empfundener Berührung und Liebe in der Verbindung von Sex- und Herzenergie.

Atma Pöschl, Jg. 1970, ist Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung und arbeitet in Wien mit der Motivation, Hingabe, das Sich-tief-Berühren-Lassen und Empfangen in der Welt zu stärken und diese innere Haltung an andere weiterzugeben. www.praxis-arsenal.at. Kontakt: atma.poeschl@hotmail.com, 0699 /11784060




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